Das Geld kommt von den Fans

Drei Fürther nutzen die Internet-Gemeinschaft, um ihre Projekte zu finanzieren
VON ANNIKA PEISSKER

An kreativen Köpfen mangelt es in Fürth nicht. Wohl aber fehlt’s dem einen oder anderen am nötigen Geld, um seine Ideen in die Realität umzusetzen. Ein relativ neues Internet-Phänomen will da Abhilfe schaffen: Crowdfunding. Auf entsprechenden Portalen stellen Kreative ihre Projekte vor und werben um finanzielle Unterstützung. Wer möchte, kann eine beliebige Summe beisteuern. Auch drei Further versuchen derzeit, ihr Glück auf diesem Weg zu finden.

FÜRTH – Irgendwann hat Alexandra Keckeis sich an die Nähmaschine gesetzt und das Basteln angefangen. Ein Kuscheltier für ihren vierjährigen Sohn Kian wollte sie designen. Heraus kam eine Zahnfigur mit einer Piratenmütze – und der Anfang eines umfangreichen Projekts. Kian nämlich taufte das Kuscheltier „Piratenmonster“ (kurz „Piramo“), verlangte nach weiteren Gefährten, gab ihnen Namen wie „Käpt’n Smuti“, „Flemmi“ oder „Ju“ und wollte wissen, was die so erleben. Also schrieb Mama Alexandra, die Lehrerin an der Hans-Sachs-Grundschule in Fürth ist, eine Geschichte
über die „Piramos“. Und noch eine. Und noch eine. Bis bei der 34-Jährigen ein alter Kindheitswunsch wieder aufflammte: ein eigenes Buch zu veröffentlichen. Ab da ging es Schlag auf Schlag: Keckeis engagierte eine Illustratorin, stellte ihr Werk auf der Frankfurter Buchmesse vor und fuhr nach Wien, wo sie mit dem Musikproduzenten Tato Gomez zwei Piramos-Lieder einspielte.
Sie erstellte eine Internetseite (www.piramos.de) und machte eine Leipzigerin ausfindig, die die Kuscheltiere aus Bio-Stoffen von Hand näht. „Es hat sich alles wie von magischer Hand gefügt“, sagt Keckeis und staunt selbst darüber. Doch der letzte Schritt, die Veröffentlichung, fehlte noch. Also beschloss die Lehrerin, per Crowdfunding Geld zu sammeln. Auf der Plattform Startnext stellte sie ihr Projekt ein und musste zunächst 100 Fans finden, die sich für das Vorhaben aussprachen. Seit einer Woche läuft nun die Finanzierungsphase: Bis Mitte August haben die Piramos und ihre Erfinderin Zeit, die veranschlagten 24000 Euro einzunehmen. So viel soll es kosten, das Buch im Eigenverlag zu drucken, ein Hörbuch und ein E-Book dazu zu erstellen und Kuscheltiere produzieren
zu lassen. Die ersten „Supporter“ – also Unterstützer – haben ihren Beitrag schon zugesagt. Im Gegenzug verspricht die Autorin ihnen – gemäß dem Geschäftsmodell auf Startnext – Präsente wie ein druckfrisches Buch oder ein kuscheliges Monster. Die Supporter wiederum müssen erst zahlen, wenn die komplette Summe finanziert ist. Schafft ein Projekt es nicht, das anvisierte Geld zu sammeln, verfallen alle bisherigen Zusagen.

Selbst Kollegen spenden
Über diesen Punkt ist Lena Dobler bereits hinaus. Die Fürther Sängerin, die sich deutschsprachigem Indie-Pop verschrieben hat, will über Startnext die Aufnahmen für ihr erstes Album „Setagaya“ finanzieren. Der Aufruf läuft zwar noch, doch schon jetzt hat Dobler mehr als die benötigten 1000 Euro gesammelt. „Viele meiner Freunde haben das Projekt unterstützt und geteilt. Da hilft die Internet-Community ungemein“, sagt die Studentin. „Auch ein paar Künstlerkollegen haben gespendet; das fand ich rührend.“ Voraussichtlich kommenden Monat wird Dobler im Lone-Star-Studio in Gostenhof ihre neuen Songs einspielen, von denen ein guter Teil während eines Praktikums in Tokio entstanden ist. „Dass ich einen finanziellen Puffer habe, nimmt den Druck raus. Allerdings will ich für meine Fans nun besonders gut sein.“ Crowdfunding schaffe eine andere Solidarität mit dem Künstler, ein größeres Interesse am Endprodukt, findet Dobler. Deshalb möchte sie sich nicht an ein festes Label binden: „Ich fühle mich von meinen Fans besser unterstützt als von der Musikindustrie.“

Ebenfalls ein musikalisches Projekt über Crowdfunding finanzieren will derzeit John Lidfors. Der 26-jährige Dirigent aus Fürth hat das junge Kammerorchester „Orchester Ventuno“ auf die Beine gestellt. Nun bittet er um Unterstützung für dessen Debüt-Konzert am 15. Juni im Germanischen Nationalmuseum sowie für einen Schulbesuch der Truppe, der bildungsferne Jugendliche mit klassischer Musik in Kontakt bringen soll. Das Orchester ist als langfristiges Projekt angelegt, Crowdfunding soll Starthilfe geben: „Da wir noch keine Ergebnisse vorlegen können, ist es schwer, Sponsoren zu finden“, sagt Lidfors. Über 60 Prozent der erhofften 2100 Euro sind bereits gesammelt; bis 16. Juni läuft die Finanzierung noch.

Während John Lidfors zuversichtlich ist, sein Ziel zu erreichen, war Alexandra Keckeis zunächst schockiert von der veranschlagten Summe. „Es ist unglaublich, wie viel Geld ein Buchdruck verschlingt.“ Doch ihre Schüler haben ihr Mut gemacht. Jungen wie Mädchen – das Buch ist darauf ausgelegt, beide Geschlechter anzusprechen und die Leselust zu fördern – waren begeistert, und eine Schülerin versprach: „Wenn Ihr Buch erscheint, werde ich es von meinem Taschengeld kaufen.“
@ www startnext.de — Um zu den Projekten zu gelangen, einfach das Stichwort „“, „Setagaya“, „Orchester Ventuno“ oder die Namen der Kreativen in die Suche eingehen.

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